Chawan und Daumenschale, was ist denn das?
Chawan: Teeschale für die (japanische) Teezeremonie.*
Teeschalen: Schalen, meist dick und ohne Henkel, werden bei der japanischen Teezeremonie benutzt.**
Tezukune: der japanische Begriff für handgeformte, nicht auf der Töpferscheibe gedrehte Teeschalen ist Tezukune.
Die Kizaemon – Teeschale:
„Als ich sie sah, stockte mir das Herz: eine gute Teeschale, ja, aber wie gewöhnlich!
So einfach, dass man sich einen gewöhnlicheren Gegenstand nicht vorstellen kann.
Sie trägt nicht die Spur eines Gestaltungswillens. Sie ist nicht mehr als eine koreanische Essensschale, eine Schale überdies, die ein armer Mensch jeden Tag benutzen würde – alltäglichste Töpferware.“ ***
*Jahn, Giesela: Erde und Feuer: Traditionelle japanische Keramik der Gegenwart. München: Hirmer 1984, S. 266.
** Leach, Bernard: Das Töpferbuch. Bonn: Hörnemann 1971, S. 349.
*** Yanagi, Soetsu: Die Schönheit der einfachen Dinge. Bergisch-Gladbach: Lübbe Verlag 1999, S. 196.
Eine Schale aus einem Klumpen Ton mit den bloßen Händen zu formen, lernt man unter Umständen schon in den ersten Stunden eines Töpferkurses. In dieser Technik eine brauchbare Teeschale herzustellen, dazu noch in einer Form, die nicht dem Zufall entspringt, beansprucht jedoch etwas mehr Übung. An einer Meisterschaft arbeitet man ein ganzes Leben lang.
Die sogenannte Daumenschale liegt später, beim Gebrauch, angenehm in der Hand. Ihre Form, besonders der obere Rand (die Lippe), ist bewegt und lebendig. Die Wandung ist etwas dicker und ungleichmäßiger als bei gedrehten Schalen, das Licht wird durch die leicht unregelmäßige Oberfläche diffus reflektiert.Um eine Daumenschale zu formen, nimmt man eine ausreichende Menge nicht zu weichen Ton und formt daraus eine massive Kugel. Diese Kugel liegt in der linken Hand und wird mit dem Daumen der rechten Hand aufgebrochen. Zwischen dem Daumen und den restlichen Fingern wird nach und nach, in vielen kleinen Schritten, eine dünne Wandung geformt. Arbeitet man zu schnell und in zu großen Schritten, entstehen Risse und die Form verliert an Festigkeit. Deshalb muss man unter Umständen in mehreren kleineren Schritten arbeiten und zwischendurch das Stück mehrmals abgedeckt beiseitelegen, damit sich die Feuchtigkeit im Ton wieder gleichmäßig verteilen kann.
Abschließend wird aus dem dicker belassenen Boden mit einem Messer oder einer Abdrehschlinge ein Standring geschnitten. Auf diese Weise kann man 3 - 4 Schalen am Tag formen, die man abwechselnd bearbeitet und immer wieder beiseitelegt, um das Wasser durchziehen zu lassen. In der Praxis unserer Werkstatt wurden allerdings maximal 2 - 6 Teeschalen pro Woche gefertigt, zwischen den Arbeiten an anderen Stücken, manche Schalen über mehrere Tage hinweg. Immer in den Zeiten der Ruhe und der Entspannung, also in guten Zeiten wurde eine Schale in die Hand genommen und eine Zeit lang weiter bearbeitet.
Unsere Kriterien, nach denen die halb fertigen oder scheinbar fertigen Stücke bewertet werden, sind sehr subjektiv und deshalb schwierig zu beschreiben. Eine Aufzählung, mit all ihren Mängeln, soll trotzdem hier versucht werden: Die ideale Teeschale für die japanische Teezeremonie entspricht in Größe und Form nicht den Anforderungen, die ein westliches Trinkgefäß für Tee zu erfüllen hat. Ein Chawan muss gut in der Hand, oder besser gesagt in den Händen liegen. Er ist deshalb größer und hat keine Henkel. Er hat einen Fuß oder einen Standring der es ermöglicht, mit den Händen darunter zu fassen. Seine Form ist eher leicht asymmetrisch, aber nicht gekünstelt krumm oder schief. Eine Verformung im Brand wird eher akzeptiert als eine künstliche oder willkürliche Verformung. Die aus einem Tonklumpen oder dem Tonfladen geformte Teeschale hat jedoch schon von Natur aus leichte Unregelmäßigkeiten. Dieser „Zufall“ ist erwünscht und wird akzeptiert. Auch der Scherben darf etwas dicker sein als bei einer gedrehten Schale.
Einen Chawan aus dem Freifeuerbrand erkennt man daran, dass er eine gut unterscheidbare Vorderseite und Rückseite hat. Meist kann man daran dem Verlauf und den Verwirbelungen des Feuers und der Asche nachspüren. Die Vorderseite wird durch den Ascheanflug gekennzeichnet, der entgegen landläufiger Meinung nicht spektakulär sein muss. Die Rückseite ist eher ruhig und unspektakulär. Sie ist matt, wenn die Vorderseite durch Ascheanflug glänzend ist, und kann auch den Tonscherben durchscheinen lassen. Der Versuchung, spektakuläre Chawan herzustellen, sind wir allerdings auch sporadisch erlegen. Wir sehen jedoch diejenigen Schalen als besonders gelungen an, die mit einfachsten Mitteln eine „große“ Wirkung erzielen.
Mit unseren Teeschalen aus dem Kapselbrand wollten wir unser Repertoire an Farben erweitern und gleichzeitig eine starke und grelle Farbigkeit vermeiden. Die wenigen wirklich bunten Stücke, aber auch einige sehr reduzierte Brennergebnisse sind entstanden, indem wir Heu von unserer eigenen Wiese als Kapselfüllung und Reduktionsmaterial verwendet haben.
Teeschalen mit Salzbrand entstanden in der Regel ebenfalls in Kapselbrand - Technik. Die wenigen salzglasierten Stücke aus dem holzgefeuerten Brennofen sind in einem einzigen Brand 2003 entstanden.
Sommerteeschalen:
Durch ihre weite Öffnung ist es möglich, dass der Tee schneller abkühlt. Dadurch entsteht ein vollständig anderes Formenspektrum. Als Daumenschale ist sie, in einer harmonischen Form, schwieriger herzustellen.